Ausreden: Zuerst kommt die Erleichterung, dann der Kater
Hand aufs Herz – haben wir nicht alle schon einmal eine Geschichte erzählt, um in einer unangenehmen Situation nicht unser Gesicht zu verlieren?
Darum geht es heute - Ausreden, deren Ursachen und die Folgen für unseren emotionalen Zustand.
Wenn wir uns selbst etwas versprechen oder anderen etwas zusagen und es dann nicht tun, fühlen wir uns schuldig. Dann geht es uns nicht gut. Diese unbequemen Schuldgefühle entstehen, weil wir uns selbst negativ bewerten oder andere uns unseren Wortbruch vorhalten. Wir haben gegen eine Norm, eine Regel oder eine moralische Pflicht verstoßen.
Verstoß gegen Normen
Mühsam hat man uns diese Maßstäbe in der Kindheit beigebracht. Sie sind zwar manchmal lästig und unbequem, aber eben unabdingbar für ein reibungsarmes Miteinander.
Eine dieser Normen lautet: Was man verspricht, muss man halten. Eine andere verlangt die Bereitschaft zu fleißiger Arbeit, denn „Müßiggang ist aller Laster Anfang“.
Hat man sich einer leistungsorientierten Marketing-Organisation angeschlossen, gilt Erfolg als unausgesprochenes Ideal. Dem hat man sich einerseits anzunähern, wenn man sich Anerkennung und Respekt verdienen will. Andererseits gilt es Misserfolg zu vermeiden, um sich nicht der Häme oder Ignoranz der Kollegen auszusetzen.
Anerkennungserschleichung
Groß ist deshalb die Versuchung, sich schon ein wenig Vorschuss-Anerkennung abzuholen, in dem man vollmundig große Taten und das Erreichen hoher Ziele verkündet – eine gefährliche Falle!
Einige Unternehmen tun noch ein Zusätzliches, um diesen Spannungsbogen zu straffen und veröffentlichen sog. „Rennlisten“, in denen regelmäßig die besten Umsatzbringer, Recruiter und Führungskräfte herausgestellt werden. Das kann schon Druck erzeugen!
Was aber tun, wenn die eigenen Erwartungen nicht erfüllt oder die Umsatzversprechen nicht erreicht werden? Denn nun entsteht innere Pein, auch droht Verspottung von außen. In so einem dunklen Moment bietet sich ein bewährtes Mittel zur Renovierung des angeschlagenen Egos an: Der Einsatz fantasievoller und intelligenter Ausreden!
Das Ausreden-Repertoire
Manch altgediente Führungskraft hatte im Lauf der Jahre reichlich Gelegenheit, davon ein umfangreiches Repertoire zu sammeln. Interessant daran ist, dass ihnen immer wieder die gleichen Stories aufgetischt werden. Man könnte diese, der besseren Übersicht halber, in bestimmte Gruppen einteilen. Wie wäre es damit:
- Ich bin Opfer, habt Mitleid
- Verschwörung - die Welt ist gegen mich
- Schuld sind die anderen
- Verkettung übler äußerer Umstände
- Welt- und Wirtschaftskrise – nichts geht mehr
Schmerz lass nach!
Doch was nützt das demjenigen, der sich solcher Ausreden bedient? Sicher, ein kurzfristiger Effekt stellt sich ein: Der akute Schmerz lässt nach, sozusagen eine lokale Betäubung der offenen Wunde. Da die Ursache aber nicht verschwunden ist, kehren die Symptome zurück.
Schlimmer noch, meist werden die Ausreden als solche erkannt und schnell durchschaut, schließlich sind es nichts als Scheinbegründungen, oder, krasser formuliert, Lügen. Das wäre ein weiterer Verstoß gegen moralische Normen – der Schmerz verstärkt sich…
Ergebnisse statt Rechtfertigungen
Vor allem aber verliert derjenige, der sich mit seinen Ausreden etwas vormacht, allmählich sein Selbstwertgefühl und beginnt, sich selbst zu verachten. Ein hoher Preis für ein wenig kurzfristige Erleichterung!
Machen wir uns also lieber nichts vor. Planen wir unsere Ziele etwas vorsichtiger. Posaunen wir sie auch nicht gleich lautstark hinaus in die Welt. Gehen wir lieber still und ausdauernd an die Arbeit. Damit erzielen wir echte Ergebnisse, die für sich selbst sprechen. Ausreden sind dann nicht mehr notwendig.